Leitartikel LW 6.2.2017 : Wäre es so unerhört?

 

Wäre es so unerhört?

Leitartikel vom Montag, 6. Februar 2017, Luxemburger Wort 

Marcel Kieffer

 

 

 

Was ist das für eine Diskussionskultur? Die Art und Weise, wie diese Koalition ihr Projekt des neuen Spitalplans durch die Instanzen bugsieren möchte, kann nur ungläubiges Staunen hervorrufen. Wird so Politik in Luxemburg gemacht – Politik, von der letztlich Effizienz und Qualität der Krankenhausversorgung jedes einzelnen Bürgers in diesem Lande abhängen sollen? Offensichtlich ist das so, und, ganz ehrlich, das lässt einem in mancher Hinsicht den kalten Schauer über den Rücken laufen.

Die lapidare Begründung der LSAP-Abgeordneten Hemmen dafür, weshalb man der Ärztevereinigung ein Vorsprechen in der parlamentarischen Gesundheitskommission verweigert – „Wenn wir der AMMD zugestehen, ihre Anliegen in der Kommission darzulegen, dann öffnen wir Tür und Tor für andere Vertreter des Sektors.“ – spricht Bände und zeigt, wo die Wurzel des Übels liegt: in der heillosen Selbstherrlichkeit der Politik bei der Behandlung von Fragen und Themen, die in ihrer Tragweite ihre eigene fachliche Inkompetenz in aller Deutlichkeit erscheinen lassen.

Es ist ein Zeichen von inakzeptabler Arroganz, wenn auf diese Weise Politiker ihre enge Sichtweise und ihre damit in keinem Verhältnis stehende Macht einem Berufsstand beweisen wollen, deren Kritik sie in keinster Weise ein irgendwie als fachlich zu bezeichnendes Argument entgegenzuhalten hätten. Der AMMD so das Gehör zu verweigern und die Tür vor der Nase zuzuschlagen, bedeutet die fundamentale Rolle der Ärzte bei der spitalischen Versorgung der Patienten in Luxemburg zu verkennen, ja zu missachten.

Wäre es denn tatsächlich so unerhört – wie das Gesetzprojekt der Gesundheitsministerin Mutsch und die Blockadehaltung des der Koalitionsweisung unterliegenden parlamentarischen Gesundheitsausschusses es suggerieren –, wenn zum Beispiel bei dem neuen Spitalplan der Ärzteschaft, d. h. in dem Fall dem jeweiligen Conseil médical, ein relevantes bzw. maßgebliches Mitspracherecht in den Verwaltungsräten der Krankenhäuser eingeräumt würde?

Wäre es nicht vielmehr normal und selbstverständlich, wenn, wie AMMD-Vertreter Dr. Philippe Wilmes suggeriert, Ärzte in den obersten Gremien eines Spitals, in den Abläufen und der Organisation (z. B. bei der Einstellung von Medizinern oder der Anschaffung und Bereitstellung von in Praxis und Chirurgie erforderlichem Material) mitentscheiden könnten? Ihnen dies zu verweigern, läuft darauf hinaus, die Institution Krankenhaus auf einen vor allem auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten und insofern seiner eigentlichen Bestimmung zweckentfremdeten Betrieb zu reduzieren. Wenn unsere Politiker das wollen, dann sollten sie dies in aller Deutlichkeit auch so sagen.

Dass die Ärzte in Luxemburg dies nicht so hinnehmen und die ihnen von der Politik entgegen gebrachte Geringschätzung – dazu gehört ebenso die suggestive Unterstellung, Ärzte wären nicht dazu in der Lage, ihren primären medizinischen Auftrag mit rationalem wirtschaftlichen Denken in Einklang zu bringen – nicht in Kauf nehmen wollen, ehrt sie. Mit ihrer Entschlossenheit, mit allen Mitteln ein Gesetz verhindern zu wollen, das so offensichtlich dem elementaren Anspruch des Bürgers auf eine optimale Krankenhausversorgung zuwider läuft, haben sie bei den Menschen im Lande einen Trumpf im Ärmel, der gegen jeden Anfall von Arroganz und Selbstüberschätzung unserer Politiker sticht.

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